Vom Gewand der Freiheit

Meister Unmon sagte: „Diese Welt ist unermesslich weit. Warum legst Du beim Erklingen der Glocke Deine Robe an?“
Mumonkan, Fall 16

Das Neue Jahr ist noch jung, doch nach einem ersten Schub in Richtung dessen, was wir zu verwandeln geloben, holt uns oft die Alltagsroutine wieder ein.
Wie können wir das Junge und Frische in uns lebendig halten? Wie können wir nicht nur von einem Jahr ins Nächste stolpern, sondern beständig die Dharma-Blume drehen und von ihr gedreht werden?

Wie möchten wir gelebt haben, wenn wir an Sylvester 2023 auf dieses Jahr zurückschauen?
Warum legen wir unsere Robe an, wenn der Klang uns ruft?
Worin besteht unsere Robe?
Sieht sie immer gleich aus? Was bedeutet sie für uns? Welches Verhältnis haben wir zu ihr?

Gibt es Tage, an den wir mit ihr glücklicher sind als an anderen Tagen? Frieren wir manchmal trotz Robe? Was signalisiert uns unsere Robe in Bezug auf unsere Umwelt, auf diejenigen, die uns begegnen? Tragen wir mehrere Roben? Können wir sie uns aussuchen? Entscheiden wir jedes Mal neu, ob wir sie tragen oder welche wir tragen?

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In diesem Koan geht es um mehr als um Buddhas Gewand, ein Rakusu zu tragen oder eine Mönchsrobe, um siebenteilig oder einteilig. Natürlich ist das eine der vielen Ebenen: Ritual, Erinnerung an die Übung und Bezeugen derselben durch unser Gewand.

Grundsätzlich geht es in Unmons Frage darum, wieso wir üben.
Wieso wir leben und vor allem: wie.

Wie stehe ich auf? Wie beantworte ich die Klänge meines Lebens, deren Echo, die Glockenschläge, die zu mir getragen werden?
Wie sieht meine eigentliche, meine ur-eigene Robe aus?
Fülle ich sie aus? Mache ich von ihr Gebrauch? Leben wir bis zur letzten Naht in ihr?
Kann sie mit mir tanzen, kann sie trösten, singen, und auch still sein? Können wir uns auf einander verlassen?

Kann ich sie auch anlegen, einfach so?
Weil die Glocke ruft, mein Tag beginnt, ich noch hier bin?
Weil wir einmal die Wahl getroffen haben, sie zu tragen, den ganzen langen Weg, der uns als der einzig gesunde und richtige erschien?

Können wir sie auch vergessen, ablegen, um sie wiederzufinden in einem erzählenden Gegenüber, einer helfenden Hand, beim Betrachten einer hüpfenden Amsel oder beim Leiten einer Konferenz?

Die Robe der Welt hat viele Ärmel und keine Naht.
Sie spendet Schatten in der Hitze.
Sie schafft Frieden im Sturm.
Sie wärmt uns in der Kälte.
Sie kostet rein gar nichts.
Sie ist unbezahlbar.
Sie hängt in unserem Schrank. Schon immer.

Worauf warten wir?

Gassho,
Juen und Nanzan


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