July 2022

Die drei Juwelen

Buddha, Dharma und Sangha stellen die drei Schätze und Pfeiler unserer Praxis dar.

L1001251

Buddha meint hier sowohl die historische Person des Shakyamuni als auch die Tradition, die sich seither mit zahlreichen Frauen und Männern fortsetzt. Menschen, die häufig unter größten Entbehrungen diesen Weg gegangen sind. Frauen, die sich oft durch viele Jahre der familiären sowie sozialen Zwänge und Hindernisse durcharbeiten mussten, bis sie ihre spirituellen Sehnsüchte verfolgen konnten. 
Buddha bezeichnet auch, und dies ist vor allem für unsere alltägliche Übung wichtig, den wachen, den erwachten und klaren Teil in uns, der weise entscheidet und eine hohe Fähigkeit zur Gegenwärtigkeit besitzt, der mitfühlend ist und sich um alle, von Spinnweben über gute Kost, dem Säubern des Komposteimers bis hin zu unseren Mitmenschen kümmern möchte. Buddha bedeutet ferner, dass wir unser Licht nach innen wenden und erkennen, dass die sogenannte Außenwelt und unser Innerstes nicht nur der kontinuierlichen Pflege bedürfen, sondern sich auf einem stetig wandelnden Kontinuum zwischen Deckungsgleichheit und Verschiedenheit bewegen.
 
Mit Dharma wird die buddhistische Lehre und die phänomenale Welt bezeichnet. Alles, jeder und jede, alle "fühlenden Wesen", können uns helfen, wach zu werden. Nichts ist zu nebensächlich als Objekt und Ausgangspunkt unserer Praxis. Zahllose Zen-Geschichten zeugen von einem Erwachen, wenn ein Stein auf einen Bambus trifft, die Zehe sich an einem Stein stößt, die Klosterglocke ertönt oder jemand hinter einem Fenster ein Sutra rezitiert. Nichts ist "außen vor", alles kann uns helfen, wach zu werden, zufrieden und glücklich.
Das beeindruckende Ausmaß allein der buddhistischen Primärliteratur unterstützt uns hierbei.
 
Als Sangha bezeichnen wir die Gemeinschaft der Übenden. Das gilt sowohl für die globale Gemeinschaft als auch besonders für die lokale Gruppe, mit der wir unseren regelmäßigen Übungsort teilen. Die Sangha stellt eine Interessensgemeinschaft der ganz besonderen Art dar. Nur wenig von dem gilt hier, was wir gewöhnlich darunter verstehen. Zum Beispiel kommt es nicht darauf an, was wir "haben" oder "sind". Dafür kommt es umso mehr darauf an, wie wir miteinander sind, wie ernst wir es mit unserem Übungsweg meinen und wie sehr wir dazu bereit sind, uns in ihn hinein zu geben: und zwar mit allem, was wir sind und haben.
Eine Sangha ist zudem eine äußerst intime Form der Gemeinschaft. Nur wenn sie sich durch Integrität und Gleichwertigkeit, durch Toleranz und Zuwendung auszeichnet, kann sie eine Sangha genannt werden. In einer solchen Sangha werden Buddha und Dharma lebendig, wird alles sichtbar, kann und darf auf seine Tragfähigkeit hin getestet werden. Es gibt kaum einen so verzeihenden und gütigen Kreis wie den einer gesunden, lebendigen Sangha.

Gassho, Juen

L1001255



Ein weiter Bogen

Vergangene Woche endete für Juen und Nanzan ein weiter Bogen, der in den 1980er Jahren mit Schwester Ludwigis Fabian von der Sanbo Kyodan-Linie ihren Lauf nahm. Sr. Ludwigis war für etwa zehn Jahre unsere Lehrerin, sie begleitete unsere Zeit des Studiums und die ersten Berufsjahre, die von vielen Herausforderungen begleitet waren.

Danach folgten über zwanzig Jahre Zen-Training in den USA, die auch mehrere Jahre Klostertraining beinhalteten. In einem dieser Klöster lernten wir Kazuaki Tanahashi kennen. Mit ihm eröffnete sich eine Welt, die uns bislang verborgen gewesen war: die Welt des Pinsels. Begleitet wurde sie von einem intensiven Studium der Schriften Dogen Zenjis.

Seit zwölf Jahren sind wir mit dem Berkeley Zen Center verbunden, Sojun Mel Weitsman (1929-2021) und der heutige Abt, Hozan Alan Senauke sind unsere Lehrer. Wir haben am 8. Juli die Dharma-Übertragung erhalten und sind gespannt, wohin uns die spirituelle Reise nun weiter führen wird.

Große Dankbarkeit an alle, nah und fern, die uns auf vielfältige Weise auf unserem Weg unterstützt haben.

Gassho, Juen und Nanzan

L1001096



Zuversicht

„Keine Hoffnung zu haben, kann der Beginn einer tiefen Akzeptanz unseres Lebens sein.“
 Pema Chödrön

L1001228
 
Hoffnung und ihre enge Verwandte Zuversicht haben in unserer Übung oft einen Beigeschmack, denn sind sie nicht auf etwas „außerhalb“ des gegenwärtigen Augenblicks gerichtet?

Das ist insofern zutreffend, als es ein „später“ im Zen nicht gibt. Jedenfalls nicht im Sinne der vertagten Übung und der Hoffnung, dass es „später“ besser wird und wir nicht bereits jetzt schon alles in diesen einen Augenblick investieren sollten.

Ist unsere Übung also ohne jegliche Hoffnung und Zuversicht?

Natürlich nicht – wir hoffen auf das nächste Sanghatreffen, die nächste Runde Zazen, wenn wir die jetzige vielleicht ein bisschen verschlafen haben, das tröstliche Oryoki, wenn uns während des Zazens beständig die Beine einschlafen.

Hoffnung gehört zu uns wie unser Atem.
Hoffnung zu halten und anzupassen, während wir uns gleichzeitig darum bemühen, alles uns Verfügbare in den jetzigen Moment zu geben, stellt auch einen Aspekt unserer Übung dar.

Können wir nicht auch von der Hoffnung lernen, zum Beispiel: Flexibilität? Wir sind in der Lage, unsere Hoffnungen, unsere Zuversicht, relativ rasch an die jeweilige Situation anzupassen. In Bezug auf Hoffnung scheinen wir kein Problem mit Wandel und Veränderbarkeit zu haben. Wir sind vielleicht ein paar Tage etwas ratlos, dann hoffen wir wieder gemäß der veränderten Situation.

L1001230

Hoffnung zu teilen, kann ferner für jemand anderen überaus tröstlich sein. Der Himmel und das Meer der Hoffnung sind grenzenlos. Sie reichen von der Zuversicht auf Befreiung von unseren Leiden bis hin zur Hoffnung auf einen nächsten Sonnenstrahl oder die Tasse Tee, welche ohne Übelkeit genossen werden konnte.

Gibt es einen größeren Ausdruck der Hoffnung als die „Vier großen Gelöbnisse“? Selbstverständlich werden wir alles daran setzen, den Buddha-Weg zu erlangen, obgleich er grenzenlos ist. Natürlich werden wir danach streben, alle Dharma-Tore zu durchschreiten, obgleich sie zahllos sind. Und selbstredend pflanzen wir den Apfelbaum, obgleich die Erde eventuell bereits heute untergehen wird.

Weil wir Bodhisattvas sind. Weil wir Menschen lieben und unsere kleine, bedrohte Erde. Weil wir gerne für andere da sind und uns kümmern. Weil wir diese wunderbare Praxis gefunden haben und wissen: es gibt kein zurück.

Denn: noch sind wir hier. Noch können wir lieben und einen Unterschied machen. Jetzt und Jetzt und wieder Sogleich.

Gassho,
Juen

L1001232