August 2020

Kshanti

"Kshanti" wird oft mit "Geduld" übersetzt. Hiermit ist weniger ein abwartendes Verharren gemeint, als eine Haltung der Stabilität und Beständigkeit, die von innerer Offenheit und "Herzensweite" (Thich Nath Hanh) geprägt ist.
Wie können wir Geduld üben in einer schwierigen Welt?
Es ist relativ leicht, Meditation, Großzügigkeit und ethisches Verhalten zu üben, wenn die Dinge glatt laufen.

Aber wenn die Dinge auseinanderfallen, wenn unser Leben schwierig ist, fallen wir allzu leicht in alte Verhaltensmuster zurück. Es ist ein natürlicher Reflex, dass wir uns abwenden, wenn Schwierigkeiten auftauchen. Niemand möchte sich Schmerzen zuwenden. Wenn ein schmerzhaftes Gefühl auftritt, möchten wir diese Erfahrung vermeiden, beenden. Wir haben Angst, sie zu berühren.

Wir schalten den Fernseher an. Wir verbringen Stunden am Computer. Wir essen eine Tüte Chips. Wir kaufen ein. Wir trinken zu viel. Wir suchen und finden heutzutage sehr leicht etwas, wie wir uns beschäftigt und innerlich taub halten können. Statt in unser Bewusstsein eingeladen zu werden, verschwindet dieses Gefühl dann unter der Oberfläche und betritt jede einzelne Zelle unseres Körpers. Die Empfindung geht nicht weg, denn unser Körper vergisst nicht.

Eine häufige übliche Reaktion ist, dass wir uns beklagen. Warum betrifft das mich? Warum stößt mir das zu? Wir tun manchmal so, als ob es nicht wahr ist, verleugnen, lehnen ab.

Oder wir suchen einen Schuldigen: andere, oder, oft schlimmer: Uns selbst. Warum ich schon wieder? Kannst Du nicht… Schuldzuweisung kann auch eine Art der Verleugnung sein.

Die Gefahr ist, dass wir eine verbitterte, sarkastische oder depressive Person werden.

So lasst uns daran arbeiten, dass dies nicht passiert. Hier hilft uns die Übung von kshanti paramita.

Denn mit der Praxis von kshanti üben wir ein, das Gegenteil zu tun: uns der Schwierigkeit zuzuwenden und sie als Verbündeten zu umarmen. Wenn schwierige Dinge in unserem Leben geschehen, wenden wir uns ihnen zu und sehen, was wir tun können.

Der Begriff Geduld ist vielleicht mit einer irreführenden Assoziation behaftet. Wenn wir geduldig sind, ist es, auf als ob wir auf etwas Besseres warten. So wie Kinder mit Geduld Schwierigkeiten haben.

Traditionell wurden drei 3 Felder der Übung unterschieden:
1. Geduld mit eigenem Schmerz und eigenen Schwierigkeiten
2. Geduld mit dem Leiden, das durch andere verursacht wurde (im Umgang mit anderen)
3. Geduld mit den schmerzhaften Wahrheiten unseres menschlichen Lebens.

Wir üben Geduld mit dem, was ist. Wir erkennen zunächst an, was ist, ohne sofort beurteilen zu müssen, ob es gut oder schlecht ist. Dies ist die Praxis, zu erlauben, was ist.

Gassho,
Juen und Nanzan


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Die Paramitas

Der Weg eines Bodhisattva ist durch sechs Weisen der Übung gekennzeichnet, welche als Paramita bezeichnet werden.
Das Wort Paramita wird üblicherweise als Vollkommenheit übertragen. Wörtlich bedeutet "param" die andere Seite und "ita" bedeutet gegangen. Paramita heißt also "zur anderen Seite gegangen". Die Paramitas werden auch als Tugenden bezeichnet, welche uns ans andere Ufer der Weisheit, zum Wachsein und Erwachen, führen können.

Im 1. Jhdt. formuliert, spricht man, vor allem in der Mahayana-Tradition, von den sechs Paramita, welche im Lotos-Sutra so angegeben werden:

1. Großzügigkeit / Geben (Dāna paramita),
2. Ethisches Verhalten (Śīla paramita),
3. Geduld (Kṣānti (kshanti) paramita ),
4. Energisches / freudiges Bemühen (Vīrya paramita),
5. Meditation / Sammlung (Dhyāna paramita),
6. Weisheit / Verstehen / Einsicht (Prajñā paramita ).

In den Paramita werden alle Bereiche unseres Lebens aufgerufen. Das ist auch deswegen wichtig, weil nicht genug betont werden kann, dass unsere Übung nicht aus Meditation alleine besteht. Sie mag zwar die Säule unserer Praxis darstellen, ohne Mitgefühl in Handlung jedoch ist sie wertlos (Dana und Sila).

Natürlich ist es nicht möglich, alle sechs Paramitas zu jeder Zeit vollkommen, perfekt zu praktizieren, im Zendo und vor allem jenseits davon. Ähnlich wie unsere Intention bei den Grundsätzen für ethisches Handeln oder der Haltung, mit der wir die vier großen Gelöbnisse rezitieren, ist das wichtigste, immer wieder neu zu ihnen zurückzukehren. Wir versuchen, uns an sie zu halten. Wir vergessen sie und wir erinnern uns. Wir freunden uns mit ihnen an. Wir weichen ab und kommen zurück. Wir sehen das andere Ufer. Wir haben dann einen freien Blick darauf, wenn wir all unsere Intention, Begeisterung und Hingabe hineinlegen und dies durch unsere Handlungen sichtbar machen.
Das ist der Geist, mit dem die sechs Vollkommenheiten geübt werden.

Gassho, Juen und Nanzan


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