Vom Großen Mitgefühl - absolut, relativ und vor allem: angewandt
26.10.2019
Betritt man ein Zendo das erste Mal und lässt sich die „Hausordnung“ erläutern, erfährt man zunächst, was alles nicht üblich ist: Gespräche im Zendo, lautes Schneuzen, Schimpfen, andere beobachten. Danach folgt ein beträchtlicher Reigen der Anweisungen zur Körperhaltung: die Hände so halten, aber beim Gehen anders, im Zendo kein Blickkontakt, später schon. Ganz viel Schweigen und wenn es einmal piekst bei der Meditation, dann bitte auf eine bestimmte Art und Weise bewegen, so dass es die anderen nicht stört. Verbeugen halb, verbeugen ganz. Aber nicht immer!
Niemand steht mit einem Tablett mit warmen Plätzchen lächelnd im Eingang, benannte es einmal der Soto Zen-Lehrer Brad Warner.
Tatsächlich aber sind Mitgefühl und liebende Güte tief in die Zen Praxis eingewoben.
Prajna, (Weisheit) eine der drei Säulen des Zen, wirkt beim Hören zunächst intellektuell, ehrfurchtgebietend und anstrengend.
Prajna jedoch, die „große Weisheit“ ist längst nicht nur kontinuierliche Retro- und Introspektion, wachsame Erfahrung und tiefe Praxis. Prajna bedeutet auch: mitfühlende Handlung. Sie erst macht den relativen Aspekt der Prajna sichtbar, ohne den auch der absolute Anteil nicht zum Tragen kommen wird.
Im Zen wird hier häufig der Begriff Jihi verwendet, welcher „metta“ und „karuna“ miteinander verbindet. „Ji“ steht für liebevolle Handlung und „hi“ für Trauer oder einen seelischen Schmerz. Somit verbindet das Schriftzeichen zwei scheinbare Gegensätze.
Wir schulen uns in liebevoller Handlung und wir üben die Bereitschaft zu einer Öffnung gegenüber dem Schmerz der anderen. Wir sind bereit, ihn und unseren eigenen Schmerz zu spüren. Diesen wie unseren eigenen zu empfinden. Das ist auch eine Aufforderung dazu, uns berühren und verwandeln zu lassen.
Thich Nath Hanh sagte dazu, dass Mitgefühl zuallererst eine Bewegung unseres Herzens bedeutet. Er bezeichnet Mitgefühl als Verb. Somit besteht die Praxis des Mitgefühls nicht nur in der Linderung von Leid, wie unsere Bodhisattva-Gelübde veranschaulichen, sondern sie stellt auch eine gute Medizin gegen jegliches Polarisieren dar. Sie vermag es, dualistisches Denken und Hindernisse abzubauen, die wir durch Vorurteile, Ignoranz und Furchtsamkeit errichtet haben.
Im Zen sprechen wir von absolutem und relativem Mitgefühl. Das absolute Mitgefühl findet sich im Herzsutra veranschaulicht: Leiden ist an sich leer, ebenso ein Freisein davon. Das jedoch ist nur die eine Seite.
Die andere besteht darin, auf die unzähligen Begebenheiten eines jeden Tages möglichst weise und mitfühlend eine Antwort zu versuchen. Hier befinden wir uns am anderen Ende des Kontinuums von Leere: menschliche Wärme, offene Begegnungen und auch eine gewisse strenge Milde gegenüber unseren eigenen Fehlern machen dieses Mitgefühl erst vollständig. Es ist der lebendige und in jedem Moment neu hervorzubringende Tanz zwischen dem, was die Zen-Pioniere Shunryu Suzuki und Dainin Katagiri mit „returning to silence“ sowie „you have to say something“ bezeichneten.
Cookies und no-Cookies, sozusagen. Alles klar?
Gassho, Juen und Nanzan
Niemand steht mit einem Tablett mit warmen Plätzchen lächelnd im Eingang, benannte es einmal der Soto Zen-Lehrer Brad Warner.
Tatsächlich aber sind Mitgefühl und liebende Güte tief in die Zen Praxis eingewoben.
Prajna, (Weisheit) eine der drei Säulen des Zen, wirkt beim Hören zunächst intellektuell, ehrfurchtgebietend und anstrengend.
Prajna jedoch, die „große Weisheit“ ist längst nicht nur kontinuierliche Retro- und Introspektion, wachsame Erfahrung und tiefe Praxis. Prajna bedeutet auch: mitfühlende Handlung. Sie erst macht den relativen Aspekt der Prajna sichtbar, ohne den auch der absolute Anteil nicht zum Tragen kommen wird.
Im Zen wird hier häufig der Begriff Jihi verwendet, welcher „metta“ und „karuna“ miteinander verbindet. „Ji“ steht für liebevolle Handlung und „hi“ für Trauer oder einen seelischen Schmerz. Somit verbindet das Schriftzeichen zwei scheinbare Gegensätze.
Wir schulen uns in liebevoller Handlung und wir üben die Bereitschaft zu einer Öffnung gegenüber dem Schmerz der anderen. Wir sind bereit, ihn und unseren eigenen Schmerz zu spüren. Diesen wie unseren eigenen zu empfinden. Das ist auch eine Aufforderung dazu, uns berühren und verwandeln zu lassen.
Thich Nath Hanh sagte dazu, dass Mitgefühl zuallererst eine Bewegung unseres Herzens bedeutet. Er bezeichnet Mitgefühl als Verb. Somit besteht die Praxis des Mitgefühls nicht nur in der Linderung von Leid, wie unsere Bodhisattva-Gelübde veranschaulichen, sondern sie stellt auch eine gute Medizin gegen jegliches Polarisieren dar. Sie vermag es, dualistisches Denken und Hindernisse abzubauen, die wir durch Vorurteile, Ignoranz und Furchtsamkeit errichtet haben.
Im Zen sprechen wir von absolutem und relativem Mitgefühl. Das absolute Mitgefühl findet sich im Herzsutra veranschaulicht: Leiden ist an sich leer, ebenso ein Freisein davon. Das jedoch ist nur die eine Seite.
Die andere besteht darin, auf die unzähligen Begebenheiten eines jeden Tages möglichst weise und mitfühlend eine Antwort zu versuchen. Hier befinden wir uns am anderen Ende des Kontinuums von Leere: menschliche Wärme, offene Begegnungen und auch eine gewisse strenge Milde gegenüber unseren eigenen Fehlern machen dieses Mitgefühl erst vollständig. Es ist der lebendige und in jedem Moment neu hervorzubringende Tanz zwischen dem, was die Zen-Pioniere Shunryu Suzuki und Dainin Katagiri mit „returning to silence“ sowie „you have to say something“ bezeichneten.
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Gassho, Juen und Nanzan