Nicht wissen, nicht erlangen

Daowu fragte Shitou: „Was ist die grundlegende Bedeutung des BuddhaDharma?“
Shitou sagte: „Nicht erlangen, nicht wissen.“
Daowu sagte: „Darüber hinaus, gibt es da noch mehr?“
Shitou sagte: „Der weite Himmel hindert nicht die vorbeiziehenden Wolken.“
Nach einer Pause sagte Dogen: „Nicht erlangen und nicht wissen ist die grundlegende Bedeutung Buddhas. Der Wind bläst in die Tiefe und weite Winde wehen. Der weite Himmel hindert nicht das Treiben der weißen Wolken.
Warum also mühst Du Dich darum, Shitou zu fragen?“
Aus dem Eihei Koroku, Dogen Zenji

In unserem schönen Norden verstehen wir ein wenig von Wind. Er kann zum Beispiel wehen, toben, klatschen, pfeifen, jaulen, singen, flüstern. Wir kennen den Klang des Novemberwindes, den Februarwind, den Abendwind. Wir wissen, wie er sich auf der Haut anfühlt, wie er die Haare biegt und wie er aus unerfindlichen Gründen pünktlich um die gleichen Ecken stiebt, uns dann wieder überrascht, wenn er plötzlich heranreist, wo wir ihn nicht vermutet haben. Wir wissen, schönes und stabiles Wetter kommt bei uns oft aus dem Osten.

Wo beginnt Wind? Wie viele Winde gibt es? Wohin kann er nicht wehen? Wind verändert unsere Ansicht der Dinge. Sie sind selbst bei Windstille nicht die gleichen wie zuvor.
Wenn wir uns dem Wind entgegenstellen, können wir missmutig werden. Oder taub. Oder ziemlich nass.
Wenn wir mit ihm wiegen, ist dem nicht so.

Nichts ist falsch an Wissen oder Erlangen. Nichts ist falsch an beruflichem Ehrgeiz, an Wissensdrang und Neugierde. Nicht ist falsch daran, mich über meinen Besitz zu freuen, mein Examen, mein Auto, meine bisherige Biografie. Sie unterstützen und fordern uns, sie geben uns hochinteressante Gebiete für unsere alltägliche Praxis.

Wir leben in der Welt, das hier ist unser Kloster. Das Aufstehen am Montagmorgen, das Verdienen unserer Miete sind unsere Ess-Schalen.

Das kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass dies lediglich Attribute sind, die uns helfen, in der Welt zurecht zu kommen. Die Welt selbst, weder Wind noch Wolken, haben damit wenig zu tun.

Wenn wir ihnen folgen möchten und das tun wir mit jedem Zazen, brauchen wir nichts von alledem. Nur Freude am Fliegen und Wehen. Nur uns mitschwingen lassen und schauen, wie die Wolken ruhen und die Welt sich biegt.

Gassho, Juen

RNI-Films-IMG-C86F4109-21AC-4B80-ACC8-EDC537778228