Die Verwirklichung des Wesentlichen

Genjōkōan - Die Verwirklichung des Wesentlichen
Da alle Dinge BuddhaDharma sind, gibt es Verblendung und Erwachen, Übung, Geboren werden und Sterben und es gibt Buddhas und fühlende Wesen. Da die zahllosen Dinge ohne festes Ich sind, gibt es keine Verblendung, kein Erwachen, keinen Buddha, keine Menschen, kein Geboren werden und Sterben. Da der Buddha-Weg seinem Wesen nach jenseits von Kargheit und Fülle reicht, gibt es Geboren werden und Sterben, Verblendung und Erwachen, Menschen und Buddhas. Dennoch welken Blütenblätter obgleich wir sie mögen; Unkraut sprießt obschon es uns nicht gefällt.
Sich selbst auf die Dinge bewegen, um Übung und Erwachen auszuüben, ist Verblendung. Dass die zahllosen Dinge hervorkommen und sich selbst verstehen, ist Erwachen. Es sind Buddhas, die Verblendung erkennen. Es sind Menschen, die Erwachen verkennen. Ferner gibt es solche, die fortwährend jenseits von Erwachen erkennen und solche, die in der Verblendung noch mehr verirren.


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Dieses Kapitel von Dogen Zenji, das wir seit geraumer Zeit gemeinsam besprechen, handelt von dem, wonach wir alle streben: möglichst gut, möglichst heilsam in unserem Alltag zu üben, sowohl gemeinsam als auch jede und jeder für sich.

Wir als Bodhisattvas leben in dem Dilemma der Vereinbarkeit an Erwartungen, an für die meisten tendenziell steigenden Anforderungen unseres alltäglichen Lebens. Dafür ist gerade das zur Neige gehende Jahr ein gutes Praxisbeispiel - und den Rückzugsmöglichkeiten, welche das Zazen anbieten kann.
„Wenn Du sitzt, dann musst Du nicht über die Bedeutung des Zazen nachdenken“, hat Shunryu Suzuki in seinem Buch „Beginner‘s mind“ gesagt. Das ist zutreffend.

Ein bisschen intellektuelles Verständnis ist jedoch auch für die praktische Übung des Zazens durchaus hilfreich.
Vom Zazen zuhause oder im Zendo folgt irgendwann der Schritt hinaus in die „Welt der 10.000 Dinge“: spätestens dann hilft es, unsere kopflichen Überlegungen mit den Erfahrungen der Stille zu verbinden in die Symbiose von beiden: erwachte Handlung.
Um sie geht es in diesem Kapitel aus dem Shobogenzo, vielleicht ist es auch deswegen so berühmt.


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Wohin auch immer
ich schaue
Finde ich mich selbst
Was ist es?

Was mache ich (mit meinem Leben)? Vor allem aber: wie? Und: wie ist dies vereinbar mit dem, was ich möchte? Ist das vielleicht das Gleiche? Und wenn nicht oder nicht immer, warum? Wie entstehen diese Diskrepanzen, wie fühlen sie sich an?
Oder: wann leiden wir besonders?
Buddhistisch betrachtet, ist die Antwort klar. Wir leiden immer dann, wenn wir an unserer Vorstellung eines unveränderbaren „Selbst“ haften.
Wie merke ich das?
Wann fällt es mir besonders schwer?

Wie oben ausgeführt, werde ich weniger leiden, wenn es gelingt, meine Vorstellung davon, wie die Dinge und ich selbst zu sein haben, verschwinden. Ich muss nicht dauernd von meiner Außenwelt durch mein Tun bestätigt werden. Die zahllosen Dinge treten vielmehr hervor und bestätigen mich. Das geschieht einfach, wie auch „Erwachen“ weniger einen proaktiven Zustand als den eines Innehaltens und leicht werdens darstellt. Dies üben wir auf dem Kissen, um es dann in unseren Alltag, in unser Sein zwischen Frühlingsduft und Herbstlaub, kontinuierlich mit einzubinden.
Durch mein Segeln mache ich mein Boot erst zum Boot.
Der zinnoberrote Faden aller Buddhas drückt sich nirgendwo anders aus als hier, heute, jetzt.

Wasservögel kommen und gehen
Ihre Spuren verschwinden
Aber niemals
Vergessen sie ihren Weg

Dogen Zenji

Gassho, Juen


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